Elektrooptischer Effekt / Pockels- bzw. Kerrzelle

Zunächst etwas zum physikalischen Phänomen der Doppelbrechung, welche die Basis für den Pockels- bzw. Kerr-Effekt darstellt. Bei einem doppelbrechenden Körper spaltet das einfallende Licht in zwei linear polarisierte Strahlen, welche senkrecht aufeinander stehen, auf. Man nennt sie den ordentlichen (o) bzw. außerordentlichen Strahl (ao).

Vielleicht kennst du ja diesen Effekt beim in der Natur vorkommenden Calcit (auch Kalkspat oder Doppelspat genannt).

Blickt man durch einen Kalkspat etwa auf eine Zeitungsseite, so erscheinen die Zeilen alle doppelt. Würde man nun eine Polarisationsfolie vor das Auge halten und diese drehen, so könnte man damit einmal den ordentlichen Strahl und dann den außerordentlichen Strahl ausblenden. Die Zeilen würden also zu springen beginnen.

Bei einem speziellen Schliff des doppelbrechenden Kristalls und zwar parallel zur sog. optischen Achse (o.A.) besitzen der a-Strahl und der ao-Strahl dieselbe Ausbreitungsrichtung (siehe oben) und das Bild spaltet sich nicht mehr auf. Was ist dann aber stattdessen zu beobachten?

Durch den unterschiedlichen Brechungsindex n des o-Strahls und ao-Strahls ist auch die Ausbreitungsgeschwindigkeit der beiden Strahlen im Medium unterschiedlich. Für die Ausbreitungsgeschwindigkeit cMedium gilt ja die einfache Beziehung:

cMedium = cVakuum / n.

Im Bild oben rechts ist zum Beispiel der außerordentliche Strahl schneller als der ordentliche. Welche Konsequenzen hat dies nun?

Am Ende des Kristalls vereinen sich bei gleicher Ausbreitungsrichtung die beiden Strahlen wieder zu einem, nur haben sie eben durch die unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeit eine Phasendifferenz.

Diese Phasendifferenz Δφ entscheidet nun, welche Polarisation der wieder zusammengeführte Strahl besitzt. Ist etwa Δφ = 0 oder π (Achtung: 2·π in rad entsprechen 360°), so verlässt linear polarisiertes Licht den doppelbrechenden Kristall.

Ist hingegen Δφ = π/2 oder 3·π/2, also 90° bzw. 270°, so erhält man durch die Zusammenführung/Überlagerung beider Strahlen zirkular-polarisiertes Licht. Bei allen anderen Phasendifferenzen erhält man verschieden stark ausgeprägtes elliptisch-polarisiertes Licht.

Bei einer sog. Pockelszelle beeinflusst man nun gezielt mittels einer angelegten elektrischen Spannung U, welche ja eine bestimmte Feldstärke E zwischen den Spannungspolen verursacht, den Brechnungsindex eines der beiden Strahlen. Zwischen den beiden Elektroden muss sich das spezielle doppelbrechende Material befinden, zum Beispiel Lithiumniobat, ADP, KDP, RTP, BBO oder Galliumarsenid.

Dabei breitet sich das Licht in Richtung der optischen Achse aus, sprich ohne elektrisches Feld sind der ordentliche und außerordentliche Strahl gleich schnell und es kommt zu keiner Phasenverschiebung.

Aber mit angelegter Spannung U und damit dem Vorhandensein eines elektrischen Felds, verändert man den Brechungsindex einer der beiden Strahlen und es kommt zu einer Phasendifferenz bei der Wiedervereinigung am Ende des Kristalls.

Im allgemeinen Fall wird bei angelegter Spannung U elliptisch polarisiertes Licht die Pockelszelle verlassen. Bei bestimmten Spannungen kann aber die Phasendifferenz Δφ aber wieder 0, π/2, π oder 3·π/2 betragen, wodurch linear-polarisiertes oder zirkular-polarisiertes Licht die Zelle verlässt. Das besondere an der Pockelszelle ist also, dass sich mit einer elektrischen Spannung der Polarisationszustand des Lichts verändern/steuern lässt.

Ordnet man vor und hinter der Pockelszelle je einen Polarisationsfilter an, so kann man durch den je nach angelegter Spannung U veränderten Polarisationszustand des aus der Zelle austretenden Lichts den Grad an Licht beeinflussen, der den zweiten z.B. gekreuzten Polarisationsfilter passieren kann. Liegt zum Beispiel keine Spannung an der Pockelszelle an, so verändert sich die Orientierung des linear polarisierten Lichts nicht und dieses kann den zweiten, gekreuzten Polarisationsfilter nicht durchdringen. Bei einer Phasendifferenz Δφ = π, verlässt wieder linear polarisiertes Licht die Pockelszelle. Dieses ist aber um 90° zum einfallenden linear polarisiertem Licht gedreht und kann daher den zweiten Polarisationsfilter passieren.


So, genug der Theorie. Auf ebay.com konnte ich günstig um insgesamt ca. 55 Euro aus Rußland einen Lithiumniobat-Kristall mit bereits montierten Elektroden erstehen. Dies ist verglichen mit den Preisen für eine komerzielle Kerrzelle eigentlich spottbillig. Im physikalischen Schulbedarfshandel kostet ein kompletter Aufbau zur Kerrzelle über 4000 Euro…

Zum Betrieb der Pockelszelle wird noch ein DC-Netzteil mit einer Ausgangsspannung bis zu 1000 V benötigt. Zum Glück habe ich bereits ein solches, welches zum Beispiel beim Millikanversuch zum Einsatz kam. Herzstück des Netzteils ist ein CCFL-Inverter und ein LM317, mit dem die Eingangsspannung zwischen 1.25 V und ca. 12 V und damit auch die Ausgangsspannung variiert werden kann.

Die Pockelszelle aus Lithiumniobat ist dieser Tage aus Russland angekommen. Mit Zoll und Versand hat mich der Spaß 62 Euro gekostet.

Damit konnte ich den Aufbau meiner Pockelszelle komplettieren und auch schon testen. Die Ausrichtung des Laserstrahls ist ein wenig heikel. Ist der Kristall schlecht positioniert, so gelangt auch bei keiner Spannung noch sehr viel Laserlicht durch beide gekreuzte Polarisationsfilter. Erst wenn die Einstellung/Position passt, ist bei U = 0 V und gekreuzten Filtern nur ein schwacher Laserpunkt sichtbar. Dieser wird dann bei Erhöhung der Spannung (z.B. 800 V) aber deutlich heller.

Damit der Schalter zum Zu- und Abschalten der Hochspannung auch eine Funktion besitzt, muss ich noch parallel zur Pockelszelle einen Entladewiderstand einbauen. Denn ohne wirkt der Kristall wie ein Kondensator, der die Spannung auch nach Abschalten noch behält.

So, habe nun 1 MΩ parallel zur Zelle verlötet und dadurch kann ich jetzt diese sehr schön mit dem Schalter ein- bzw. ausschalten.

Hier noch das Youtube-Video zum Versuch: