Flettner-Rotor

Folgender einfacher Versuch leitet sehr viele in die Irre: Man bläst kräftig zwischen zwei Papierblätter. Was wird passieren? Nun, nicht wenige würden davon ausgehen, dass die beiden Papierblätter auseinandergedrückt werden.

Das Gegenteil ist aber der Fall. Sie werden zusammengedrückt. Grund dafür ist das aerodynamische Paradoxon welches besagt, dass in Luftströmungen höherer Geschwindigkeit ein Unterdruck vorherrscht und in Bereichen niedriger Geschwindigkeit ein Überdruck. Dies wird auch anhand der Bernoulligleichung klar, wonach in einer Strömung die Summe aus dynamischen Druck (proportional zu v²) und statischen Druck gleich bleibt. Ein höherer dynamischer Druck (große Geschwindigkeit) bedingt einen niedrigeren statischen Druck, also einen Unterdruck und vice versa.

Dreht sich ein Objekt (z.B. Fussball) in einer Luftströmung, so bremst es auf der einen Seite den Luftstrom und reduziert dadurch den dynamischen Druck. An dieser Stelle herrscht also ein Überdruck. Auf der anderen Seite wird durch die gleichgerichtete Drehung der Luftstrom beschleunigt. Dadurch erhöht sich der dynamische Druck und wir erhalten an dieser Stelle einen Unterdruck.

Auf das sich drehende Objekt wirkt also eine Kraft zur Seite. Dies ist der Grund für sog. Bananenbälle im Fussball oder dem speziellen Flugverhalten von Tennisbällen bei einem Unterschnitt oder Top Spin.

Der sog. Flettnerrotor nutzt genau diesen Umstand zum Antrieb aus. Verbaut werden Flettnerrotoren zum Beispiel auf Schiffen:

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Flettner-Rotor

In einem Experiment möchte ich diese Kraft auf den Flettnerrotor erfassen. Dazu bringe ich einen von einem Motor angetriebenen Zylinder in einen Luftstrom und messe mit einer Waage die Gewichtsveränderung des gesamten Aufbaus in Abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit vWind und der Rotationsgeschwindigkeit vZylinder des Zylinders.

Die Teile für das Experiment habe ich weitestgehend bereits besorgt:

Hier die 2.3mm/3mm Motorkupplung, welche ich auf Amazon bestellt habe:

Den Zylinder lasse ich mir entweder 3D-drucken oder ich besorge eine passende Plastikdose. Eventuell beziehe ich den Zylinder noch mit Schmirgelpapier, damit die Geschwindigkeitsunterschiede größer werden.

Als Windmaschine werde ich mein mit 3 Elektromotoren bestücktes Windkanalrohr verwenden, mit dem ich Windgeschwindigkeiten bis zu 85 km/h erzeugen kann:

Auch hier hat sich einiges getan. Die 3d-gedruckten Zylinder sind in der Zwischenzeit angekommen und auch die Holzteile der Firma Matador (https://www.matador.at/Produkte/Explorer-5/Einzelteile-Ersatzteile:::1_3_55.html) für das Stativ haben ihren Weg zu mir gefunden.

Ein erster Test mit einem sehr leistungsschwachen Heizlüfter verlief negativ. Ich konnte keinerlei Veränderung auf der Anzeige der Waage feststellen. Damit das Stativ und die Waage nicht bei laufendem Motor aufgrund der Vibrationen davonsausen, mussten beide Teile mit doppelseitigen Klebeband fixiert werden.

Da ich den Windkanal nicht bei mir zuhause habe, probiere ich es einmal mit einem starken Elektromotor + Propeller. Die Teile habe ich bereits auf Amazon bestellt bzw. vor Ort (https://www.neuhold-elektronik.at/catshop/) gekauft. Wenn sie eingetroffen sind, mache ich einen weiteren Testlauf in der Hoffnung, dass auf der Waage dann doch eine Veränderung angezeigt wird…

Inzwischen sind die Amazonteile angekommen und so konnte ich eine erste Messreihe mit dem Propeller durchführen.

Gleich vorweg: Die Waage zeigt wie erhofft eine Veränderung in Abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit und der Drehgeschwindigkeit des Zylinders. Da ich aber zuhause kein Anemometer und auch keinen Drehzahlmesser habe, musste ich mich mit der Angabe der beiden Motorspannungen begnügen. Ich wählte für den Propellermotor die beiden Spannungen 5 V und 7.5 V. Beim Motor für den Zylinder ging ich bis ca. 19 V hoch. Dabei betrug die Massenabnahme bereits 17 g. Die Motorhalterung fertigte ich aus LEGO-Steinen, was sich als sehr praktisch erwies.

Hier die beiden Graphen meiner Messreihe:

Ich erhalte einen eher degressiven Verlauf. Das Resultat eines Jugend-forscht-Projekts zum Flettnerrotor (https://www.jugend-forscht.de/projektdatenbank/die-ideale-rotationsgeschwindigkeit-fuer-den-flettner-rotor.html), wonach die optimale Zylindergeschwindigkeit die vierfache Windgeschwindigkeit betragen soll, konnte ich aber nicht bestätigen. Meine Graphen zeigen im gewählten Spannungsbereich kein Extremum.

Um quantitative Messungen machen zu können, besorge ich mir noch ein Anemometer und bastel mit Arduino und einem IR-Näherungssensor einen Drehzahlmesser. Wenn es diesbezüglich Neuigkeiten gibt, geht es hier weiter…

So, der Näherungssensor ist eingetrudelt und ich konnte erste Messungen damit machen. Leider steigt der Sensor bei einer Frequenz > 60 Hz (= 3600 RPM) aus. Da die Drehzahlen aber beim Flettnerrotor doch großteils deutlich darüber liegen, kann ich ihn nicht wirklich verwenden.

Dank eines äußerst netten Forummitglieds bin ich seit Kurzem stolzer Besitzer eines professionellen Anemometers. Dieses habe ich gratis aus Berlin zugesandt bekommen, vielen lieben Dank dafür. Beim Anemometer handelt es sich um ein Hitzdrahtanemometer, d.h. es besitzt kein sich drehendes Flügelrad, sondern einen Heizdraht, dessen Widerstand von der ihn umströmenden Windgeschwindigkeit abhängt. Mit zunehmender Windgeschwindigkeit wird der Heizdraht stärker gekühlt und sein Widerstand sinkt. Jetzt muss man nur noch den Zusammenhang Windgeschwindigkeit-Widerstand kennen und schon ist das spezielle Anemometer fertig…