Piezokristalle

Piezokristalle sind Kristalle, welche bei mechanischer Verformung eine elektrische Potentialdifferenz zwischen den beiden Oberflächen (= elektrische Spannung) aufweisen. Der Grund dafür liegt in der Kristallstruktur des Piezokristalls. Bei mechanischer Verformung verschieben sich die Ladungsschwerpunkte der positiven und negativen Ladungen, sodass es zu einer Polarisation kommt. Diese Polarisation bewirkt eine elektrische Feldstärke E und demnach eine elektrische Spannung U zwischen den beiden Oberflächen.

Eine mechanische Verformung erzeugt also eine Piezospannung. Dies nützt man zum Beispiel bei Piezofeuerzeugen, wobei hier sogar Hochspannung (Funken) erzeugt wird.

Legt man umgekehrt eine Spannung an einen Piezokristall, so verformt er sich (sog. Elektrostriktion). Dies nützt man u.a. bei Summern, Schwingquarzen oder sehr feinen Positionierungsaufgaben (z.B. Rastertunnelmikroskop).

Bei meinem Fabry-Perot-Interferometer kommen zum Beispiel gewöhnliche Piezoelemente aus Summern zum Einsatz. Legt man an diese eine Spannung von 0-9V an, so ändert sich deren Ausdehnung im Bereich [0, ca. 1000 nm].

Piezokristalle kann man relativ einfach selbst züchten. Man benötigt hierfür nur

  • 250 ml destilliertes Wasser
  • 200 g Weinstein (Cream of Tartar)
  • ca. 200 g Natriumcarbonat Na2CO3 (Soda)
  • einen Ofen bzw. Herd
  • Kaffeefilter
  • hitzebeständiges Glasgefäß

Zunächst wird das Soda (Natriumcarbonat, Na2CO3) im Ofen bei ca. 125°C erhitzt, damit es die Wassermoleküle verliert. Natriumcarbonat kommt nämlich in Form verschiedener Hydrate vor und zwar:

  • ohne Wasser als sog. calciniertes Soda (Na2CO3) bzw. als Minerl Natrit. Dieses bildet sich bei Temperaturen oberhalb von 107 °C
  • Monohydrat (Na2CO3 · H2O), bekannt als Mineral Thermonatrit. Dieses bildet sich bei Temperaturen > 35.4 °C aus dem Heptahydrat
  • Heptahydrat (Na2CO3 · 7H2O). Bildet sich bei Temperaturen > 32.5 °C aus dem Decahydrat
  • Decahydrat (Na2CO3 · 10H2O). Dies ist das bekannte Mineral Soda, welches bei unter 32.5 °C aus gesättigten Natriumcarbonat-Lösungen auskristallisiert. Waschsoda ist in der Regel genau dieses Decahydrat

Achtung: Man kann das für diesen Versuch benötigte (wasserfreie) Natriumcarbonat Na2CO3 auch aus Natriumhydrogencarbonat (NaHCO3, sog. Natron) durch Hitze (230°C) gewinnen. Dies erfolgt u.a. auch beim berühmten Solvay-Verfahren. Einfacher ist es eben, gleich Soda (Natriumcarbonat) für diesen Versuch zu besorgen.

Damit ich sichergehen kann, calciniertes, also wasserfreies Soda für diesen Versuch zu verwenden, habe ich das Soda bei und 130°C für 1.5 Stunde in den Ofen gegeben.

Durch das Erwärmen blieb die Masse des Natriumcarbonats nahezu unverändert (nun 770 g). Daher gehe ich einmal davon aus, dass es sich bei diesem Soda bereits um ein calciniertes, sprich wasserfreies Soda gehandelt hat.

Das hitzebeständige Glasgefäß und die Cream of Tatar (Weinstein) sind auch mittlerweile eingetroffen. Destilliertes Wasser und Kaffeefilter stehen auch schon bereit. Jetzt kann ich mich also an die Durchführung des Experiments wagen…

Habe heute den ersten Testlauf gestartet und gleich Erfolg gehabt 🙂 . Die Kristalle reagieren sehr schön auf Stöße, wobei die Spannungsamplitude gut 5V erreichen kann.

Zum weiteren Prozedere: Die 250 ml destilliertes Wasser werden im Wasserbad auf ca. 80°C erhitzt. Danach rührt man die 200 g Cream of tatar ein.

Jetzt nimmt man das Soda (Waschsoda bzw. Natriumcarbonat) und gibt langsam und behutsam immer einen kleinen Löffel voll in das im Wasserbad befindliche Glasgefäß.

Dabei bilden sich zunächst viele Luftblasen. Dies setzt man solange fort, bis die Flüssigkeit klar wird und es beim Zutun des Sodas auch nicht mehr blubbert. Dies sieht dann wiefolgt aus:

Jetzt filtriert man diese Flüssigkeit (Kaliumnatriumtartrat) mit einem Kaffeefilter und leert dann die gefilterte Flüssigkeit in ein Plastikgefäß. Dieses deckt man mit einem Blatt Küchenrolle zu und stellt das Ganze an einen kühleren Ort. Bei mir stand das Gefäß einfach in der Küche.

Nach einiger Zeit sollten sich dann darin die ersten Kristalle bilden.

Für den Versuch wählt man einen schönen aus und klemmt diesen zwischen 2 Stück Alufolie in einer Kluppe/Zwinge fest.

Schlägt man nun mit einem Kugelschreiber auf den Piezokristall und schließt die beiden Alufolien an ein Oszilloskop, so müsste ein kurzer Spannungspuls sichtbar werden. Ist dies der Fall, hat man alles richtig gemacht und selbst Piezokristalle aus Kaliumnatriumtartrat gezüchtet, Gratulation!

Zum Abschluss noch das Youtube-Video: