Thomsonscher Ringversuch

Das Prinzip des Thomson’schen Ringversuchs ist einfach und beruht auf der Lenz’schen Regel. Ein vertikal ausgerichteter in einem Plastikrohr befindlicher Eisenstab wird am unteren Ende von einer Spule umschlossen. Auf das Plastikrohr/den Eisenstab wird ein geschlossener Metallring z.B. aus Aluminium geschoben. Schließt man nun die Spule kurzzeitig an eine Spannungsquelle an, saust der Aluminiumring nach oben.

Warum ist dies so? Fließt ein Strom durch die Spule, so baut sich ein Magnetfeld in der Spule und daher auch im Eisenkern auf. Dieser sich ändernde magnetische Fluss durchsetzt auch den Aluminiumring. Nach dem Faraday’schen Induktionsgesetz wird durch dΦ/dt eine Spannung im Aluring induziert. Diese Spannung erzeugt im Ring einen Strom, welcher wieder ein Magnetfeld erzeugt. Dieses Magnetfeld ist nach der Lenzschen Regel (Minuszeichen im Faraday’schen Induktionsgesetz!) dem verursachenden Magnetfeld entgegengesetzt. Befindet sich etwa oberhalb der Spule ein Nordpol, so bildet der Strom durch den Aluring ein Magnetfeld aus, an dessen Unterseite ein Nordpol liegt. Nordpol und Nordpol stoßen sich ab und der Ring wird nach oben beschleunigt.

Diese Beschleunigung findet allerdings nur während des Aufbaus des Magnetfelds statt. Nimmt das Magnetfeld durch die Spule wieder ab, so ist zwar das nun schwächer werdende Magnetfeld nach wie vor gleich gerichtet (z.B. Nordpol oberhalb der Spule), aber der magnetische Fluss Φ nimmt ab, dΦ/dt < 0. Dadurch dreht sich die im Ring induzierte Spannung um und im Ring fließt der Strom nun genau in die andere Richtung. Dadurch bildet sich im Magnetfeld des Rings ein Südpol unten aus und der Ring wird vom abnehmenden Magnetfeld angezogen. Daher muss der Ring meiner Meinung nach während des sich aufbauenden Magnetfelds den Eisenstab bereits verlassen haben, um nicht wieder zurück gezogen zu werden.

Für die Spannungsversorgung der Spule verwende ich nicht das 230V-Stromnetz, sondern eine aufgeladene Kondensatorbank. Die Ladung auf rund 500V übernimmt ein CCFL-Inverter mit Diodengleichrichtung am Ausgang. Die geladenen 100µF-Kondensatoren (2s20p) werden dann über einen Thyristor und eben der Spule blitzartig entladen. Die dafür notwendigen Teile habe ich größtenteils bei http://www.pollin.de gefunden. Als Thyristor kommt etwa das Modell BT145-800R zum Einsatz, wobei hier mehrere parallel geschaltet werden, da der surge-current eines einzelnen „nur“ 300 A beträgt.

Hier die günstigen 100µF/330V Blitzelkos im 10er Pack:

Die Spannung der Kondensatoren überwache ich mit einem 100V-Voltmeter, welches ich in Serie mit einem Widerstand an die Kondensatorbank anschließe. Mit dem Vorwiderstand komme ich dann auf eine Untersetzung von 1:10, sodaß mir das Voltmeter eine Spannung zwischen 0 und 1000 V anzeigt.

Für den ferromagnetischen Kern verwende ich viele isolierte Steckdrähte aus dem Blumenhandel, damit es zu möglichst wenig Wirbelströmen im Kern kommt:

Hier die bei mir in diversen Projekten zum Einsatz kommenden CCFL-Inverter:

Die Ladeschaltung konnte ich inzwischen löten und sie macht was sie soll. Der CCFL-Inverter wird über einen regelbaren Step-down-converter versorgt.

Als Projektil verwende ich Aluringe mit einem äußeren Durchmesser von 25 mm und einem inneren Durchmesser von 22 mm. Diese passen dann perfekt auf ein 20 mm PVC-Rohr. Beides gibt es im Baumarkt:

Die Projektile besitzen eine Masse zwischen 2 und 3 g. Im Buch „Experimente mit Electric Guns“ von Thomas Rapp wird im Kapitel 3.7 „Fliegender Ring“ der Wirkungsgrad des Thomsonschen Ringversuchs mit weniger als 1 % experimentell bestimmt. Dies ist natürlich ernüchternd. Bei meiner Kondensatorenergie von rund 130 J bedeutet dies eine Projektilgeschwindigkeit um die 30 m/s, also nicht gerade berauschend…

Der Steckdraht (500 Stück) ist angekommen und daher konnte ich das Plastikrohr mit ihm füllen. Die Halterung für die Spule habe ich auch bereits aus einer Plastikplatte geschnitten. Ich werde von der Form her eine möglichst dünne Spule wählen, da so die Flussdichte und somit auch die Änderung dB/dt möglichst groß wird. Bewickeln werde ich sie mit 1.4 mm Kupferlackdraht, den ich über willhaben besorgt habe. Dieser müsste diese Woche bei mir eintreffen. Ich werde es einmal mit 50-100 Windungen probieren.

Die Bestellung von pollin und der Kupferlackdraht sind mittlerweile angekommen und so konnte ich schon fast alles fertigstellen. Die Kondensatorbank besteht aus 54 Einzelkondensatoren mit je 100 µF/330V und besitzt eine Gesamtkapazität von 1436 µF.

Zum Schalten der Kondensatorbank habe ich 8 Stück Thyristoren des Typs BT145-800R parallel verlötet. Damit sind sie für Pulsströme bis zu 2400 A gewappnet. Damit es zu keiner Zeitverzögerung beim Schalten kommt, werden die Gates über gleich lange Kabel angesteuert.

Das 0-100V Voltmeter besitzt einen Innenwiderstand von 89.2 kΩ. Für eine 1:10 Darstellung brauche ich also einen Vorwiderstand mit 9 · 89.2 ≈ 800 kΩ. Diesen habe ich aus 8 Stück 100 kΩ Widerständen gebildet.

Den 1.4 mm Kupferlackdraht habe ich über willhaben gekauft. Die daraus gebildete Spule besitzt 66 Windungen.

Jetzt fehlt eigentlich nur noch der Schalter für die Gateansteuerung. Wenn dieser aus Frankreich eingetroffen ist, geht es hier weiter…

So, die Schalter sind inzwischen angekommen und daher konnte ich alles einmal testweise verlöten und erste „Schüsse“ wagen. Schüsse deshalb unter Anführungszeichen, weil die Ergebnisse doch eher ernüchternd waren. Bei einer Ladespannung von 200 V konnte ich eine Geschwindigkeit von lediglich 4.5 m/s messen.

Hier noch die beiden eingelöteten P600K Dioden, welche eine umgekehrte Aufladung der Kondensatorbank nach dem Schuss verhindern:

Die Ladeschaltung war zudem mit der Kondensatorbank überfordert. Aufgrunddessen habe ich den CCFL-Inverter gegen ein anderes HV-Modul ausgetauscht. Damit gelingt der Ladevorgang zumindest deutlich schneller. Bei einer Ladespannung von knapp über 600 V beträgt die Ringgeschwindigkeit aber bescheidene 14.82 m/s = 53.4 km/h. Da habe ich mir eigentlich schon etwas mehr erwartet. Obwohl der Ringversuch mit Netzspannung (siehe ganz oben) lieferte auch nur eine Geschwindigkeit von 15 m/s.

Mit diesen Werten liegt der Wirkungsgrad bei abnormal schlechten 0.093 %. Das ist sogar noch einmal deutlich weniger, als es Thomas Rapp in seinem Buch „Experimente mit Electric Guns“ angibt. Bei ihm waren es wenigstens 0.35 %. Positiv zu bemerken ist also lediglich der Umstand, dass mir die gesamte Apparatur nicht um die Ohren geflogen ist. Auch die Thyristoren scheinen zuverlässig zu arbeiten, denn sie lösten bisher ohne Probleme aus.

Mehr als 620 V möchte und kann ich meiner Kondensatorbank nicht zutrauen, da deren Spannungsfestigkeit mit 2 · 330V = 660 V vorgegeben ist. Vielleicht probiere ich es noch mit einem reinen Aluminiumring. Die bisher benutzten waren aus eloxiertem Alu. Obwohl die isolierende Eloxalschicht nur ca. 10 µm dick ist, kann dies unter Umständen schon negative Auswirkung auf die Leitfähigkeit haben, mal schauen. Jetzt muss ich einmal das ernüchternde Ergebnis verdauen und alles schön in das Kunststoffgehäuse packen, dann sehen wir weiter.

So, der Aufbau hat seinen Platz in dem Gehäuse (Abmessungen 180 x 205 x 70 mm) gefunden, er hätte aber keinen Millimeter größer sein dürfen. Mit dem Ergebnis/der Ringgeschwindigkeit bin ich so halbwegs zufrieden. Der Ring schießt schön bis zur Zimmerdecke. Abdruck wie im Physiksaal mit dem massiveren Ring hinterlässt er dort aber nicht 😉

Das Video wurde mit meiner Casio-High-Speed-Kamera mit 420 fps aufgenommen:

Was hat mich der ganze Spaß gekostet? Die Pollin-Bestellung hat 35 Euro ausgemacht, der Steckdraht ca. 20 Euro, das Gehäuse 13 Euro, das HV-Modul 7 Euro, Alu- und Plastikrohr nochmals 10 Euro, Schalter 10 Euro, Platine 2 Euro, in Summe also 97 Euro. Das war es mir auf jeden Fall wert, immerhin vereint der Versuch ziemlich viel an anschaulicher Physik und wenn wo etwas abgeschossen wird, ist es für Schüler ohnedies interessant 😉