Quantenradierer

Wie wir in einem meiner Experimente (https://stoppi-homemade-physics.de/photonen/) gesehen haben, kann Licht als Teilchen detektiert werden und gleichzeitig Welleneigenschaften besitzen.

Der Welle-Teilchen-Dualismus sagt aus, dass den Objekten der Quantenphysik gleichermaßen die Eigenschaften von klassischen Wellen wie die von klassischen Teilchen zugeschrieben werden müssen. In welcher Form diese Objekte dann in Erscheinung treten, hängt u.a. auch vom Experiment selbst bzw. dem Messvorgang ab.

Betrachten wir das berühmte Doppelspaltexperiment. Mit klassischen Teilchen würde man eine simple Überlagerung/Addition der beiden Einzelspaltverteilungen erwarten.

Bei einer klassischen Welle entspricht die Verteilung hinter dem Doppelspalt nicht mehr einer simplen Addition der beiden Einzelspaltverteilungen. Es kommt zur Ausbildung von Maxima und Minima.

Führt man nun den Versuch mit Elektronen durch, so werden diese am Schirm zwar einzeln, wie Teilchen registriert, ihre Verteilung besitzt aber Maxima und Minima wie bei einer Welle.

Was passiert aber, wenn man durch einen Detektor feststellt, durch welchen Spalt das Elektron konkret gegangen ist? Erstaunlicherweise verschwinden dann die Maxima und Minima und es tritt wieder eine simple Überlagerung/Addition der beiden Einzelspaltverteilungen auf. Wie kann man sich dies erklären? Nun, durch die Detektion des vom Elektron eingeschlagenen Weges hat man quasi den Teilchencharakter des Elektrons betont. Den nur bei einem Teilchen könnte man feststellen, ob es durch den oberen oder unteren Spalt gegangen wäre. Eine Welle würde ja zeitgleich durch beide Spalte treten. Durch diese Betonung des Teilchencharakters verschwindet aber der Wellencharakter des Elektrons und die Interferenzmuster am Schirm verschwinden!

Einen dazu analogen/ähnlichen Versuch kann man mit einem Laserpointer, einem dünnen Draht (z.B. 0.1 mm Durchmesser) und Polarisationsfolien durchführen. Polarisationsfilter erhält man etwa auf ebay oder bei AstroMedia (https://astromedia.de/Die-Polarisations-Filterfolie).

Zum Versuchsablauf:

Um einen möglichst dünnen Laserstrahl zu erzeugen ist es eventuell notwendig, den Laserkopf mit einer Alufolie zu bedecken, in welche mit einer Nadel eine kleine Öffnung gestochen wurde.

1.) Nur Draht ohne Markierer und ohne Analyzer

Der Laserstrahl wird auf den dünnen Draht ausgerichtet. Auf dem Schirm hinter dem Draht müsste nun ein Beugungsmuster bestehend aus Maxima und Minima sichtbar werden. Das Licht verhält sich in diesem Fall wie eine klassische Welle.

2.) Draht mit Markierer und ohne Analyzer

Der Markierer besteht aus 2 kleinen Stücken Polarisationsfolie, deren Polarisationsrichtungen einen Winkel von 90° zueinander einschließen. Dort wo sich diese beiden Stücke berühren, wird der dünne Draht platziert. Der Filter auf der linken Seite polarisiert dann das Licht zum Beispiel vertikal, während der Filter auf der rechten Seite das Licht horizontal polarisiert.

Leuchtet man mit dem Laser jetzt auf den Draht, so sieht man dahinter auf dem Schirm nun kein Interferenzmuster mehr. Warum ist dies so? Durch den Markierer ist/wäre es uns möglich, den vom Licht eingeschlagenen Weg zu bestimmen. Licht welches links vom Draht vorbeiging ist nämlich vertikal polarisiert, jenes rechts horizontal polarisiert. Durch diese mögliche bzw. reale Feststellung des eingeschlagenen Weges der Photonen tritt der Teilchencharakter in den Vordergrund und das für eine Welle typische Interferenzmuster verschwindet.

3.) Draht mit Markierer und mit Analyzer

Zwischen Markierer und Schirm wird nun eine weitere Polarisationsfolie (= Analyzer) in verschiedener Ausrichtung gehalten.

Besitzt der Analyzer eine vertikale Polarisationsrichtung, so lässt er nur noch Licht, welches links vom Draht vorbeiging, passieren. Dem Muster auf dem Schirm fehlt nun der komplette rechte Teil.

Besitzt der Analyzer eine horizontale Polarisationsrichtung, so lässt er nur noch Licht, welches rechts vom Draht vorbeiging, passieren. Dem Muster auf dem Schirm fehlt nun der komplette linke Teil.

Nun passiert aber etwas Spannendes: Orientiert man den Analyzer schräg (Polarisationsrichtung = 45°), so erscheint am Schirm wieder ein Interferenzmuster mit Maxima und Minima. Warum ist dies so?

Durch den 45°-Analyzer macht man die Information, auf welcher Seite das Licht den Draht passiert hat, wieder zunichte. Hinter dem 45°-Analyzer kann man nun nicht mehr sagen, welchen Weg das Photon eingeschlagen hat. Dadurch verschwindet der Teilchencharakter des Lichts und der Wellencharakter mit seinen typischen Interferenzerscheinungen tritt hervor.

Wie wir also sehen, hängt es vom auch oft nur rein theoretisch vorliegenden aber prinzipiell möglichen Messvorgang ab, ob Quantenobjekte nun mehr als Teilchen oder mehr als Welle in Erscheinung treten.