Teilchenbeschleuniger

Teilchenbeschleuniger wie etwa jene bei CERN in der Schweiz besitzen eine ganz zentrale Stellung bei der Erforschung des Teilchenzoos und der Hochenergiephysik. Im 27 km langen LHC (engl. für large hadron collider) werden Teilchen auf gigantische Energien von rund 7 TeV (1 Terraelektronenvolt = 10^ 12 eV) beschleunigt und dann zur Kollision gebracht.

Besitzt man einen alten Röhrenfernseher oder ein altes Oszilloskop, so nennt man bereits einen Teilchenbeschleuniger sein eigen. Darin werden ja Elektronen mittels Hochspannung beschleunigt und treffen auf einen Leuchtschirm.

Vor mehr als 25 Jahren habe ich einmal in Turbo-Pascal ein kleines „Spiel“ zum Thema Teilchenbeschleuniger programmiert. Das Prinzip war sehr einfach: Mit einer Taste hat man die Beschleunigungsspannung umgepolt. Dabei hatte man zu berücksichtigen, wo sich gerade das „Elektron“ befand. Traf man den richtigen Takt nicht, so bremste die falsche Polung das Teilchen wieder ab. Angezeigt wurde auch die erzielte Höchstgeschwindigkeit…

Für Kinder und Schüler anschaulich ist aber auch der hier gebastelte Teilchenbeschleuniger: Bei diesem wird eine Metallkugel mittels Spulen und Lichtschranken auf einer geschlossenen Bahn immer wieder beschleunigt.

Es gibt sogar fertige Bausätze auf aliexpress oder banggood zu kaufen, aber selbst konstruiert macht meistens mehr Freude und ist lehrreicher. Die Basis bilden die Lichtschranken, welche bei Abdunkelung durch die Kugel die jeweilige Spule mit Strom versorgen und dadurch ein beschleunigendes Magnetfeld erzeugen. Strom fließt dabei nur so lange, wie die Kugel die Lichtschranke unterbricht. Ob dies ausreicht, müssen erste Versuche zeigen. Sollte dies nicht funktionieren, so werde ich es mit dem Arduino und mehreren interrupts probieren. Hier der Schaltplan einer einzelnen Lichtschranke:

Bei der Wahl des Fototransistors habe ich mich für den TEKT5400S entschieden in Kombination mit 940nm IR-LEDs. Diese passen dann gut zur spektralen Empfindlichkeit des Fototransistors und störendes Tageslicht sollte auch keine Rolle mehr spielen. Als Spannungsquelle kommen zwei 18650 Liion-Zellen zum Einsatz. Diese liefern auch genügend Strom für die Spulen.

  

Die Teilchenbahn werde ich aus Isolierrohr EN16 und Isolierbögen EN16 bauen. Dafür passende Metallkugeln mit einem Durchmesser zwischen 10 mm und 14 mm habe ich bereits bestellt.

Schön langsam trudeln die Teile für den Teilchenbeschleuniger ein, mir fehlt noch ein passender Spulenhalter mit rund 16 mm Innendurchmesser.

Ein erster Test mit einer Spule zeigt, dass die Umsetzung doch nicht so einfach wird wie erhofft. Die Testspule besteht aus 100 Wicklungen mit einem 0.4 mm Kupferlackdraht. Bei unterbrochener Lichtschranke fließen immerhin ca. 4.2 A. Und trotzdem ist die dadurch bewirkte Beschleunigung der 12 mm Kugel nicht sehr stark. Für die Beschleunigung der Kugel ist ja ein starkes aber inhomogenes Magnetfeld notwendig. Dieses herrscht vor allem am Spulenanfang und eben nicht in der Spulenmitte. Erste Versuche haben gezeigt, dass die Lichtschranke so weit wie möglich zur Spule wandern muss. Deshalb werde ich LED und Phototransistor direkt auf dem Spulenkörper montieren.

Mehr oder weniger Wicklungen machen eigentlich auch keinen Sinn, denn wenn ich etwa die Wicklungszahl n verdopple, so halbiert sich durch den doppelt so großen ohmschen Widerstand der Spule auch der Strom I und der für das Magnetfeld H geltende Ausdruck H = n · I / L bleibt einigermaßen konstant. Ich kann aber für das Spulengehäuse dünnere Platten verwenden und somit die Lichtschranke noch näher bei der Spule positionieren.

Zudem werde ich es noch mit kleineren Metallkugeln probieren. Diese sind gerade aus China unterwegs zu mir. Eine 10 mm Eisenkugel besitzt im Gegensatz zur 12 mm Kugel immerhin nur 58% der Masse und lässt sich entsprechend leichter beschleunigen. Mal sehen, was diese Anpassungen bringen…

Damit ich die Beschleunigung der Kugel steigere, habe ich nun die Spule anstelle mit 0.4 mm Kupferlackdraht mit 0.5 mm Draht gewickelt und zwar wieder 100 Wicklungen. Dies ergibt einen ohmschen Widerstand von rund 0.8 Ohm. Damit die Lichtschranke näher zum Spuleneingang rücken kann, habe ich für die Spulenfassungen 1 mm Platinenmaterial bzw. eine 1 mm Polycarbonatplatte gewählt. Der Phototransistor bzw. die LED werden nun direkt auf der einseitig Cu-beschichteten Platine verlötet und zwar so, dass ich deren Abstand zum Spuleneingang auch ein wenig einstellen kann.

So, ich habe nun die Lichtschrankenschaltung in 4-facher Ausführung gelötet. Die Lichtschranke ist jetzt direkt auf der Spule montiert und nicht mehr auf der Schaltungsplatine.

Der erste Testlauf meines SHC (slow hadron collider) war erfolgreich. Die Geschwindigkeit der Kugel ist jetzt nicht atemberaubend, aber ich bin mit dem Ergebnis zufrieden. Hier nun Bilder vom finalen Aufbau:

Bei einer Geschwindigkeit von rund 1 m/s besitzen meine Hadronen/Protonen in der Kugel eine gigantische Energie von 5 neV. Also richtiggehend konkurrenzfähig zu den 7 TeV am LHC 😉

Kurzer Nachtrag: Ich habe mir Magnetkugeln bestellt und damit den Teilchenbeschleuniger betrieben. Wie zu erwarten war, erhalte ich mit den Magnetkugeln keine stabile Beschleunigung. Wenn das Timing passt, ist die Geschwindigkeit natürlich deutlich größer als mit den Metallkugeln, aber dies ist eben fast nie der Fall. Eventuell müsste ich bei den Magnetkugeln den Abstand der Lichtschranke zur Spule vergrößern, damit sie sich besser ausrichten können…


Eine weitere Variante für ein Modell eines Teilchenbeschleunigers hätte ich da noch. Benötigt werden dazu nur eine große Plastikschale, Aluminiumklebeband, einen mit Graphitlack überzogenen Tischtennisball und ein Hochspannungsnetzgerät.

Zunächst beklebt man die Plastikschale mit mehreren Elektroden, wobei sich Anode und Kathode immer jeweils abwechseln:

Danach besprüht man den Tischtennisball mit leitfähigen Graphitlack. Ich habe diesen bei reichelt.de bestellt:

Zum Schluss wird das DC-Hochspannungsnetzteil an die beiden Elektroden angeschlossen. Hier kommt mein Netzteil mit CCFL-Inverter und nachgeschalteter Kaskade zum Einsatz:

Gibt man nun dem Tischtennisball einen kleinen Schups, so sollte er sich im Kreis bewegen. Grund dafür ist die von ihm aufgenommene elektrische Ladung. Berührt der Ball nämlich zum Beispiel die positive Elektrode, so lädt er sich ebenfalls positiv auf und wird von der Anode abgestoßen und von der Kathode angezogen. Rollt er dann über die Kathode, so gibt er seine positive Ladung ab und lädt sich negativ auf. Dieses Spiel wiederholt sich dann immer…

Der bei reichelt bestellte Graphitlack ist angekommen und so konnte ich damit die Tischtennisbälle besprühen:

Leider gab es schon bei niedriger Spannung Überschläge zwischen den Alufolien und daher war die Ballgeschwindigkeit ernüchternd. Ich habe daher anstelle der 30°-Abstände nun 45°-Abstände zwischen den benachbarten Elektroden. Damit ging es besser aber ich konnte die Spannung auch nur auf rund 11 kV erhöhen, bevor es wieder Überschläge gab. Daher war die erzielte Geschwindigkeit nach wie vor sehr überschaubar…

Zum Glück hatte ich aber noch eine zweite Salatschüssel besorgt und diese beklebte ich nun mit noch weniger Elektroden (Abstand 90°):

Die damit bei 14.5 kV Beschleunigungsspannung erzielte Ballgeschwindigkeit war dann einigermaßen zufriedenstellend.

 

 

Ich könnte es aber noch mit meinem 30 kV-Netzteil probieren, mal schauen…