Teststrahler

Für meine Experimente mit Radioaktivität benötigt man sog. Teststrahler, welche sich in ihrer Strahlungsart unterscheiden. Man unterteilt radioaktive Strahlung in α-Strahlen (= Heliumkerne), β-Strahlen (= Elektronen bzw. Positronen) und γ-Strahlen (= hochenergetische elektromagnetische Strahlung).

Für unterschiedliche Versuche werden unterschiedliche Strahler benötigt. Für Ionisationskammern eignen sich zum Beispiel α-Strahler, für die Betaspektroskopie benötigt man wie es der Name schon sagt β-Strahlen und mittels der Gammaspektroskopie kann das Energiespektrum von γ-Strahlen bestimmt werden.

Ich habe bei meinen Teststrahlern versucht, alle 3 Strahlungsarten abzudecken. Teststrahler gibt es bei Lehrmittelfirmen wie Phywe, NTL usw. zu kaufen. Diese kosten allerdings oft sehr viel (ab 300 Euro). Wesentlich günstiger kommt man an Teststrahler, wenn man weiß, wonach man suchen muss. So beinhalten etwa alte Glühstrümpfe für gasbetriebene Leuchten radioaktives Thorium oder alte Elektronenröhren (konkret sog. spark gap tubes) radioaktives Cäsium-137.

Anbei eine Zusammenstellung meiner Teststrahler:

1.) Americium-241

Halbwertszeit = 432,2 Jahre, α-Strahler mit 5.486 MeV, γ-Strahler mit 59.5 keV


2.) Autunit-Mineral

Autunit oder Kalkuranglimmer mit der Summenformel Ca[(UO2)(PO4)]2·11 H2O

U-235: Halbwertszeit = 7.038 · 10^ 8 Jahre, α-Strahler mit 4.398 MeV

U-238: Halbwertszeit = 4.468 · 10^ 9 Jahre, α-Strahler mit 4.270 MeV

Die Zerfallsprodukte von Uran emittieren α-, β- und γ-Strahlen (siehe Uran-Radium-Reihe). Uranhältige Mineralien fluoreszieren sehr schön unter UV-Licht!


3.) Uranocircit

Neben dem Autunit enthält auch der Uranocircit (Summenformel Ba[UO2|PO4]2·10-12H2O) natürliches Uran. Ich habe ein kleines Stück für nicht einmal 15 Euro auf ebay ersteigern können.

Achtung: Bei Mineralien muss man aber besonders aufpassen, da sie sehr oft in kleinste Bruchstücke zerfallen und diese dann die Umgebung kontaminieren. Im schlimmsten Fall nimmt man versehentlich diese über den Mund auf und inkorporiert das radioaktive Uran. Also am besten immer in einem geschlossenen Behälter aufbewahren und nicht herausnehmen!


4.) Cäsium-137

Cäsium-137 kommt als als Spaltprodukt bei der Kernspaltung in Atomkraftwerken oder Atombomben vor. So gelangte es etwa durch den Reaktorunfall in Tschernobyl 1986 in großer Menge in die Umwelt. Noch heute lässt sich dieses Cäsium in Pilzen oder Wildfleisch etwa in Österreich nachweisen.

Halbwertszeit = 30,17 Jahre, β-Strahler mit 0,512 MeV (94.6%) bzw. 1,176 MeV (5.4%).

Cäsium-137 zerfällt in Barium-137, welches ein γ-Strahler mit 661.7 keV und einer Halbwertszeit von nur 2.55 Minuten ist. Dadurch eignet sich Cäsium-137 auch sehr gut für die Gammaspektroskopie.

Cäsium-137 kommt etwa in speziellen Elektronenröhren (sog. spark-gap-tubes) vor. Diese kann man hin und wieder relativ günstig über ebay oder andere Quellen erwerben.

Bezeichnungen geeigneter Röhren: TG-30, TG-36, TG-57

Bezugsquelle aus den USA: https://vacuumtubes.net/


5.) Thorium-Glühstrümpfe und Thorium-Schweißelektroden

In alten Glühstrümpfen für Gaslichtlampen befindet sich radioaktives Thorium.

Thorium-232: Halbwertszeit = 1.405 · 10^ 10 Jahre, α-Strahler mit 4.083 MeV

Die Zerfallsprodukte von Thorium-232 emittieren wieder unterschiedliche, radioaktive Strahlung.

Thorium kommt auch noch in Wolfram-Schweißerelektroden (Typ WT20 bzw. WT40) und esoterischen Anhängern (Suchbegriff quantum pendant necklace) aus China vor.

 


6.) Pottasche bzw. Kaliumcarbonat

Summenformel: K2CO3

In Kalium kommt mit einer Häufigkeit von nur 0.0117% das radioaktive Isotop K-40 vor. Kalium-40 zerfällt mit einer Wahrscheinlichkeit von 89.28% mittels Betazerfall (Energie = 1.31 MeV) in Ca-40 und mit einer Wahrscheinlichkeit von 10.72% mittels Gammazerfall (1.5049 MeV) in Ar-40.

Dadurch eignet sich K-40 für die Gammaspektroskopie und es lässt sich mit Pottasche sein Gammaspektroskop bei hohen Energien (eben 1.5 MeV) kalibrieren.


7.) Krypton-85

Krypton-85 kommt wie Cäsium-137 in alten Elektronenröhren wie etwa der Type 313CA oder 427A vor.

Kr-85: Halbwertszeit = 10.756 Jahre, β-Strahler mit 0.687 MeV.

Da jene Elektronenröhren, welche Krypton enthalten, schon sehr alt sind (oft rund 50 Jahre und mehr), beinhalten sie fast kein radioaktives Krypton mehr. Ich konnte etwa bei einer Röhre 427A mit meinem Geigerzähler keine gesteigerte Zählrate beobachten.


8.) Lutetium-176

Lutetium-176 besitzt eine Halbwertszeit von 3.8 · 10^ 10 Jahren und zerfällt mittels β-Zerfall (Energie = 1.192 MeV) in Hafnium-176. Dieses sendet wiederum Gammastrahlen mit einer Energie von 307 keV und 202 keV aus. Dadurch eignet sich Lutetium nicht nur als Szintillator, sondern auch als Testquelle für die Gammaspektroskopie.

Lutetium erhält man realtiv günstig in Form von kleinen Quadern auf ebay.com.


9.) Polonium-210

Dieses radioaktive Isotop benötigte ich etwa für mein Projekt zur Erzeugung von schnellen Neutronen.

Po-210 ist ein α-Strahler mit einer Halbwertszeit von nur 138.376 Tagen und einer Energie von 5.307 MeV. Es emittiert aber auch sehr schwach (0.001%) Gammastrahlen mit 0.803 MeV.

Polonium-210 kommt in der Natur etwa in Tabak vor. Der russische Ex-Spion Alexander Litwinenko wurde etwa mit Po-210 tödlich vergiftet. Bei Polonium handelt es sich um einen extrem gefährlichen Stoff! Absolute Vorsicht im Umgang mit ihm ist unumgänglich!


10.) Radium-226

Radium-226 ist ein α-Strahler mit einer Halbwertszeit von 1602 Jahren und einer Energie von 4.871 MeV.

Es wurde früher in Leuchtzeigern von Uhren oder anderen Anzeigeinstrumenten verwendet. Diese erhält man noch relativ häufig auf ebay (engl. watch dial bzw. clock hands).


11.) Strontium-90

Strontium-90 ist ein β-Strahler mit einer Halbwertszeit von 28.78 Jahren und einer Energie von 0.546 MeV. Es kommt bei meinem Projekt Betaspektroskopie zum Einsatz. Sr-90 ist ein Spaltprodukt und kommt daher in Atomkraftwerken oder Atombomben vor.

Es zerfällt in Yttrium-90, welches selbst wieder ein Betastrahler (Energie = 2.282 MeV) ist. Daher erhalte ich bei meiner Betaspektroskopie zwei peaks.

Diesen Teststrahler habe ich bei unitednuclear.com 2017 für rund 135 Euro erworben. Leider besteht derzeit (Stand 2021) keine Möglichkeit mehr, diesen Strahler zu vernünftigen Preisen aus den USA zu beziehen. Die Frachtkosten betragen utopische 200 USD und mehr.


12.) Uranglasperlen und fiesta-ware

Alte grünlich-gelb gefärbte Gläser enthalten in geringen Mengen Uran. Sie eignen sich sehr gut als Teststrahler für den eigenen Geigerzähler. Allerdings sollte man keine zu hohen Zählraten damit erwarten.

Auch in zumeist rötlich-oranger Keramikglasur (engl. fiesta-ware) kommt Uran vor. Einzelne Bruchstücke oder ganze Teller erhält man für relativ wenig Geld auf ebay.com.


13.) Trinitit

Das „Mineral“ Trinitit hat eine besondere Geschichte: Am 16. Juli 1945 fand auf dem US-amerikanischen Trinity-Testgelände im Süden von New Mexico die erste Atombombenexplosion statt.

Durch die extrem hohen Temperaturen bei der Explosion schmolz der silikatische Bodengrund (Sand) und lagerte auf diese Weise radioaktive Spaltprodukte ein. Mit genauen Messgeräten kann etwa heute noch Cäsium-137 in Trinititproben nachgewiesen werden. Die oft grünliche Färbung des Trinitits stammt von eingeschmolzenen Eisenionen.