Reibung erschwert unser Leben jeden Tag. Ohne Rollreibung und Luftwiderstand würde man mit geringeren Energieaufwand mit dem Fahrrad fahren. Reibung erleichtert uns aber auch das Leben. Denn nur durch die sog. Haftreibung rutschen wir in Kurvenfahrten mit dem Auto nicht nach außen. Ohne Reibung könnten wir uns auch nicht so leicht fortbewegen. Dies merkt man etwa, wenn man einmal versucht hat auf Eis zu gehen.
Wirkt auf einen Körper der Masse m eine horizontale Kraft F, so bewegt er sich zunächst nicht nach der Newtonschen Bewegungsgleichung F = m·a und beschleunigt, sondern er bleibt einmal haften. Erst wenn eine bestimmte Kraft, die sog. Haftreibung, überschritten ist, fängt er an sich zu bewegen. Für diese Haftreibung FHR gilt die Formel: FHR = μHR · Fnormal.
μHR ist der sog. Haftreibungskoeffizient und Fnormal ist die Normalkraft. Befindet sich ein Körper in der Ebene, so ist diese Normalkraft gleich seinem Gewicht Fg = m · g. Auf einer schiefen Ebene ist die Normalkraft dann allerdings geringer. Dies werden wir später bei einem Experiment berücksichtigen müssen…
Bewegt sich nun der Körper, an dem man zieht, so benötigt man für die Aufrechterhaltung seiner gleichförmigen Bewegung (Beschleunigung a = 0) allerdings weiterhin eine Kraft. Nach der Newtonschen Bewegungsgleichung bräuchte man ja für eine reibungsfreie, gleichförmige Bewegung keine Kraft. Diese notwendige Kraft entspricht der sog. Gleitreibung. Auch für sie gilt die zur Haftreibung analoge Formel: FGR = μGR · Fnormal. μGR ist der sog. Gleitreibungskoeffizient und Fnormal wieder die Normalkraft.
Zum erstmaligen Bewegen eines Körpers ist eine größere Kraft vonnöten als zum Gleiten. Der Haftreibungskoeffizient μHR ist also größer als der Gleitreibungskoeffizient μGR.
Experiment 1:
Für dieses Experiment benötigen wir einen Kraftmesser. Diesen habe ich bereits mittels Arduino umgesetzt. Auf dem Bildschirm wird die notwendige Kraft F(t) in Abhängigkeit von der Zeit t angezeigt.
Zieht man mit diesem Kraftmesser an einem Körper, so ist zunächst die Haftreibung zu überwinden und dann bei Bewegung die Gleitreibung aufzubringen. Der Graph müsste also zunächst eine Spitze aufweisen und danach auf einen niedrigeren, konstanten Wert (bei a = 0) abfallen. Bei der Verdopplung der Masse m müssten beide Kräfte auf das doppelte anwachsen. Dies alles werden wir experimentell nun überprüfen.
Der gesamte Versuchsaufbau am Küchenboden:
Der Holzblock besitzt eine Masse m = 224 g, was dann einer Normalkraft (in diesem Fall das volle Gewicht) von 2.197 N entspricht:
Die Haftreibungsgrenze lag bei 0.68 N und die Gleitreibung bei 0.55 N:
Der Versuch wurde nun mit einem zusätzlichen Geldtascherl auf dem Holzblock wiederholt. Das Geldtascherl besaß eine Masse m = 151 g, also eine Normalkraft/ein Gewicht von 1.481 N. Dieser Wert musste zum Gewicht des Holzblocks addiert werden.
Die erhöhte Haftreibung betrug jetzt 1.1495 N und die gestiegene Gleitreibung ca. 0.9 N:
Aus diesen Werten kann man den Haft- und Gleitreibungskoeffizienten μ des Holzblocks auf dem Küchenboden berechnen, welche in beiden Fällen (mit bzw. ohne Geldtascherl) gleich sein sollten. Dies war dann auch annähernd der Fall…
Experiment 2:
Im zweiten Experiment begeben wir uns auf die schiefe Ebene. Dort ist wie schon erwähnt die Normalkraft nicht mehr gleich dem Gewicht sondern je nach Neigungswinkel geringer.
Bei kleinem Neigungwinkel α ist zunächst die Normalkraft Fn noch groß und die angreifende Kraft Fa klein. Der Körper wird daher noch haften bleiben. Vergrößert man nun aber stetig den Neigungswinkel, so sinkt die Normalkraft immer mehr und die angreifende Kraft steigt. Bei einem bestimmten Neigungswinkel ist dann die angreifende Kraft gleich groß wie die Haftreibung und der Körper beginnt zu rutschen. Für diesen Fall gilt:
Es gilt also folgender einfache Zusammenhang zwischen Haftreibungskoeffizienten μHR und Neigungswinkel α, bei dem der Körper auf der schiefen Ebene zu rutschen beginnt:
Dies habe ich getan und einen Metallspitzer, eine Holzleiste und einen Schwamm auf ein Holzbrett gelegt und dieses immer stärker geneigt.
Der Metallspitzer begann sich zuerst zu bewegen und zwar bei einem Neigungswinkel von α = 25°.
Bei α = 35° rutschte dann die Holzleiste…
… und bei α = 50° erwischte es dann auch den Schwamm. Übrigens, den Neigungswinkel kann man ganz einfach mit einer App fürs Smartphone bestimmen.
Mit diesen drei Ergebnissen lassen sich die jeweiligen Haftreibungskoeffizienten μHR berechnen. Hier meine Ergebnisse:
Wie zu erwarten war, besitzt der Schwamm die höchste Reibungszahl und der Metallspitzer die geringste, Heureka 😉
Experiment 3:
Für dieses Experiment benötigen wir nur einen Besen mit einem langen Stiel. Wir legen den Besen horizontal auf die beiden ausgestreckten Zeigefinger. Der Abstand der beiden Finger soll zunächst noch sehr groß sein.
Nun nähern wir die beiden Finger zueinander. Auf wundersame Weise bewegt sich einmal der eine Finger und dann wieder der andere. Sie treffen sich aber immer am selben Ort, nämlich dem Schwerpunkt S des Besens.
Wie kann dies sein? Betrachten wir einmal die auftretenden Kräfte:
Auf den Finger näher zum Schwerpunkt S wirkt zunächst die größere Kraft, hier gilt also F2 > F1. Die Reibungskraft auf den Finger 2 ist daher größer als auf den Finger 1. Deshalb wird sich der Finger 1 zuerst bewegen:
Durch die Bewegung des Fingers 1 in Richtung Schwerpunkt wird der Abstand x1 reduziert und dadurch die Kraft F1 auf den Finger zusehends vergrößert. Dadurch steigt auch die Reibungskraft auf den Finger 1. Irgendwann ist dann die Gleitreibungskraft F1 größer als die Haftreibungskraft F2 und der Finger 1 stoppt und der Finger 2 beginnt sich zu bewegen.
Dieses Spiel wiederholt sich abwechselnd und am Ende sind beide Finger am Schwerpunkt S angelangt. Faszinierend oder? Dieses Experiment konnte ich mit meinen Kindern Bibbi, Lorenz und dem Staffordshire Shady im Baumarkt durchführen.
Hier die Bilder unseres äußerst gewagten Unterfangens: