Infrarotphotographie

Eine normale Digitalkamera besitzt einen sog. IR-Sperrfilter, welcher Infrarotstrahlung (z.B. alle Wellenlängen λ > 700 nm) blockiert. Baut man diesen aus, so erfasst die Kamera auch IR-Strahlung. Die mit einer so modifizierten Kamera aufgenommenen Bilder unterscheiden sich sehr stark von den normalen Aufnahmen.

Meine gute alte Sony Cybershot musste für den Umbau herhalten:

Der ausgebaute IR-Sperrfilter:

Bei neueren Kameras wie zum Beispiel der Sony DSC-HX20V kann es mitunter ganz schön knifflig sein, den Infrarotfilter ausgebaut zu bekommen:

Wenn man mit dieser für Infrarot sensiblen Kamera wieder normale Photos machen möchte, muss man nun einen externen IR-Sperrfilter vor das Objektiv geben. Hier sieht man einen solchen IR-Sperrfilter (links in der Abbildung) neben einen Sperrfilter für sichtbares Licht (rechts in der Abbildung). Letzterer blockiert die für unser Auge sichtbaren Wellenlängen λ < 720 nm und lässt somit ausschließlich Infrarotlicht passieren.

Der IR-Sperrfilter, welcher nur Wellenlängen λ < 700 nm passieren lässt:

Hier der VIS-Sperrfilter, der im Gegensatz zum obigen IR-Sperrfilter eben den sichtbaren Spektralbereich mit λ < 720 nm blockiert:

 

Zur Veranschaulichung einmal 3 Aufnahmen zum Vergleich: Die erste Aufnahme verwendet den IR-Sperrfilter, d.h. wir sehen hier nur Wellenlängen λ ∈ [400, 700] nm. Diese Aufnahme entspricht dem Bild einer normalen/nicht modifizierten Digitalkamera.

Hier nun dasselbe Motiv ohne IR-Sperrfilter. Zu sehen sind jetzt alle Wellenlängen λ ∈ [400, 1000] nm, also auch inklusive dem Infrarotlicht.

Bei der letzten Aufnahme wurde nun der VIS-Sperrfilter verwendet. Die Kamera ist dadurch ausschließlich für Infrarot mit λ > 720 nm sensibel.

Wie man anhand der letzten Aufnahme sehen kann, reflektieren Blätter nicht nur grünes Licht, sondern auch sehr stark IR-Strahlung. Blaues und rotes Licht wird durch die Blätter bzw. den Pflanzenfarbstoff Chlorophyll hingegen stark absorbiert.

Die Absorptionskurve von Chlorophyll konnte ich mit meinem Webcam-Spektroskops aufnehmen. Hierfür habe ich einmal das reine Spektrum einer weißen LED aufgenommen und dann deren Spektrum mit Chlorophyll im Strahlengang. Eine Division beider Werte ergibt die Transmission T bzw. für die Absorption A gilt dann A = 1 – T.

Hier das reine Spektrum der weißen LED:

Nun das Spektrum mit Chlorophyll im Strahlengang:

Das aus den beiden Spektren erhaltene Absorptionsspektrum von Chlorophyll:


Erfassung von Photosynthese:

Jetzt gibt es die Möglichkeit, mittels Photographien die Photosyntheseaktivität von Pflanzen zu erfassen. Basis bildet der sog. NDVI-Index. Dieser steht für Normalized Difference Vegetation Index“ (auch Normalized Density Vegetation Index), zu deutsch also „normierter differenzierter Vegetationsindex“. Er ist wiefolgt definiert, wobei N für den Anteil an IR-Licht und R für den Anteil an rotem Licht steht:

Pflanzen reflektieren ja IR-Licht (N-Symbol) sehr stark, rotes Licht (R-Symbol) hingegen sehr schwach. Daher ist bei der Aufnahme von Pflanzen der reine Infrarotanteil N sehr groß, der Rotanteil R sehr gering. Um diese Anteile zu erhalten, müssen 2 Aufnahmen desselben Motivs gemacht werden. Einmal mit einem VIS-Sperrfilter, um den reinen N-Anteil zu erhalten, und dann noch eine normale Aufnahme mit IR-Sperrfilter, wobei hier nur der rote Kanal R benötigt wird.

Welcher NDVI-Wert ist nun bei einer Photosynthese betreibenden Pflanze zu erwarten. Nun, der N-Wert ist wie gesagt dann sehr groß, der R-Wert sehr gering. Dadurch gilt näherungsweise:

Ein nicht Photosynthese betreibendes Objekt reflektiert hingegen kaum IR-Strahlung, d.h. der N-Wert ist verglichen mit dem R-Wert gering. Dies führt im Extremfall für N ≈ 0 zu folgenden NDVI-Wert:

Hier sieht man ein solches „NDVI-Photo“:

Bildquelle: https://www.pix4d.com/blog/pix4dmapper-optimizing-the-ROI-of-fungicides-with-NDVI

Es gibt aber auch die Möglichkeit, ein zum NDVI-Photo ähnliches Bild mit nur einer einzelnen Aufnahme zu erhalten. Hierfür benötigt man einen Blaufilter wie z.B. den Rosco #2007

Wie man anhand der Transmissionskurve sehen kann, absorbiert der Rosco #2007 Filter grünes und rotes Licht sehr stark. Blaues und infrarotes Licht wird hingegen kaum geschwächt.

Für den NDVI-Index wird ja eigentlich Infrarotlicht (N-Kanal) und rotes Licht (R-Kanal) benötigt. Nun blockiert der Rosco-Filter aber rotes Licht sehr stark. Die für rotes Licht zuständigen Kamerapixel erfassen aber auch sehr gut IR-Licht. Daher kann man den R-Anteil in diesem Fall als reinen N-Anteil betrachten. Und anstelle des vom Rosco-Filter abgeblockten R-Anteils nimmt man nun den Blauanteil. Pflanzen reflektieren ja kaum rotes und blaues Licht. Daher kann anstelle des R-Kanals auch der B-Kanal zur Beurteilung der Photosynthese herangezogen werden. Es gilt bei der 1-Photo-Methode also:

Die zur Infrarotkamera umgebaute Sony Cybershot auf meinem kleinen Balkon:

Für die Photosynthese-Bilder benötigt man nur die Aufnahme mit dem Rosco #2007 filter:

Wie gelangt man nun aber möglichst einfach zu den NDVI-Aufnahmen? Dazu benötigen wir die Software ImageJ (https://imagej.net/ij/download.html) und ein spezielles NDVI-Plugin (https://github.com/nedhorning/PhotoMonitoringPlugin).

So sieht bei mir die ImageJ-Verzeichnisstruktur inklusive dem NDVI-plugin aus:

Man lädt nun das mit dem Rosco-Filter gemachte IR-Foto in ImageJ hoch:

Die weitere Vorgehensweise: Plugins ⇒ Photo Monitoring ⇒ Single image index processing from displayed image

Dann öffnet sich dieses Fenster mit einigen Auswahlmöglichkeiten bzgl. des zu erstellenden NDVI-Fotos, z.B. Minimum und Maximum des Index-Werts (Anmerkung: Der volle/maximale Bereich geht von –1 bis +1)

Drückt man OK öffnet sich ein weiteres Fenster mit der fertigen NDVI-Aufnahme:

Bei den Pflanzen erkennt man in meinem Foto keine wirklich größeren Unterschiede, da sie zur Zeit (Aufnahmemonat = Juli) alle kräftig Photosynthese betreiben. Man erkennt aber den stark negativen NDVI-Index von anderen Bereichen (Baumäste usw.).

 


Mit der umgebauten IR-Kamera kann man aber noch auf weitere Motivsuche gehen. Ein Küchenherd eignet sich dafür recht gut:

Mein Ceran-Herd: